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Von Jon Fosse bis Erich Kästner: Unsere Buchtipps für März 2024

28.3.2024, 11:00 Uhr
Der nette ältere Herr alias Erich Kästner hätte da 'ne Idee: Warum das ganze Geld, das ein Krieg kostet (von den vielen Leben zu schweigen), nicht lieber vorab in den Frieden des Volkes stecken, ins kleine Glück mit Häuschen im Grünen und so...? Kostet keinen Cent mehr! "Das Märchen von der Vernunft" ist leider hochgradig aktuell. Neben einigen Gedichtbänden bringt der Atrium Verlag zum Kästner-Jubiläum nun auch diese Geschichte neu und schön heraus - feingliedrig illustriert von der begabten Ulrike Möltgen. Bücher kaufen, keine Waffen! (Atrium, 14 Euro) Wolf Ebersberger  
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Der nette ältere Herr alias Erich Kästner hätte da 'ne Idee: Warum das ganze Geld, das ein Krieg kostet (von den vielen Leben zu schweigen), nicht lieber vorab in den Frieden des Volkes stecken, ins kleine Glück mit Häuschen im Grünen und so...? Kostet keinen Cent mehr! "Das Märchen von der Vernunft" ist leider hochgradig aktuell. Neben einigen Gedichtbänden bringt der Atrium Verlag zum Kästner-Jubiläum nun auch diese Geschichte neu und schön heraus - feingliedrig illustriert von der begabten Ulrike Möltgen. Bücher kaufen, keine Waffen! (Atrium, 14 Euro) Wolf Ebersberger   © Atrium Verlag; Gregor Ritter/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Wiedersehen macht Freude, und die stets so emotionale Lucy Barton ist sicher eine der Lieblingsfiguren von Elizabeth Strout. Im neuen Roman "Am Meer" ist nun mitzuerleben, wie Lucy und ihr Ex-Mann William noch einmal näher zusammenrücken: Corona ist zur Pandemie geworden, das Paar flieht aus New York nach Maine und durchsteht den Lockdown in sicherer Distanz. Gleichwohl gibt es genug Sorgen, etwa mit den beiden Töchtern und deren Ehen. Aber haben diese ihre überfürsorgliche Mutter nicht ohnehin satt? Strout plaudert leicht dahin und doch mit Abgründen, von Einsamkeit, Fremdheit und verleugneten Gefühlen. (Luchterhand, 24 Euro) Wolf Ebersberger
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Wiedersehen macht Freude, und die stets so emotionale Lucy Barton ist sicher eine der Lieblingsfiguren von Elizabeth Strout. Im neuen Roman "Am Meer" ist nun mitzuerleben, wie Lucy und ihr Ex-Mann William noch einmal näher zusammenrücken: Corona ist zur Pandemie geworden, das Paar flieht aus New York nach Maine und durchsteht den Lockdown in sicherer Distanz. Gleichwohl gibt es genug Sorgen, etwa mit den beiden Töchtern und deren Ehen. Aber haben diese ihre überfürsorgliche Mutter nicht ohnehin satt? Strout plaudert leicht dahin und doch mit Abgründen, von Einsamkeit, Fremdheit und verleugneten Gefühlen. (Luchterhand, 24 Euro) Wolf Ebersberger © Luchterhand; Public Co/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Madeleine und Ronja würden sich ihre Zukunft am liebsten aus dem Quellekatalog bestellen. Ein adrettes Zuhause, in dem alles funktioniert, auch die Heizung. Die Mädchen leben in den Nachwendejahren mit ihrer Mutter in einer Ruine im ländlichen Mecklenburg, in der der Winter durch alle Ritzen kriecht. Die Kinder sind sich selbst überlassen, die Mutter widmet sich der Rettung von Hunden oder Wildschweinen. "Tiere, vor denen man Angst haben muss" heißt der neue Roman von Alina Herbing, die 2017 mit ihrem Debüt "Niemand ist bei den Kälbern" viel Lob eingeheimst hat. In ihrem ersten Buch herrschte viel Trostlosigkeit, ihr ist sie treu geblieben. Und trotzdem steckt ganz viel Hoffnung in dieser Geschichte, in der es um den Kampf junger Menschen geht, in widrigen Umständen ein Leben in Würde zu führen. Herbings intensive Art zu erzählen schafft eine große Nähe zu ihren Figuren. Man möchte die Mädchen in eine Decke wickeln und ihnen Tee kochen. (Arche, 23 Euro) Gabi Eisenack
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Madeleine und Ronja würden sich ihre Zukunft am liebsten aus dem Quellekatalog bestellen. Ein adrettes Zuhause, in dem alles funktioniert, auch die Heizung. Die Mädchen leben in den Nachwendejahren mit ihrer Mutter in einer Ruine im ländlichen Mecklenburg, in der der Winter durch alle Ritzen kriecht. Die Kinder sind sich selbst überlassen, die Mutter widmet sich der Rettung von Hunden oder Wildschweinen. "Tiere, vor denen man Angst haben muss" heißt der neue Roman von Alina Herbing, die 2017 mit ihrem Debüt "Niemand ist bei den Kälbern" viel Lob eingeheimst hat. In ihrem ersten Buch herrschte viel Trostlosigkeit, ihr ist sie treu geblieben. Und trotzdem steckt ganz viel Hoffnung in dieser Geschichte, in der es um den Kampf junger Menschen geht, in widrigen Umständen ein Leben in Würde zu führen. Herbings intensive Art zu erzählen schafft eine große Nähe zu ihren Figuren. Man möchte die Mädchen in eine Decke wickeln und ihnen Tee kochen. (Arche, 23 Euro) Gabi Eisenack © Arche; Kawita Chitprathak/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Der Titel trifft es, und doch steckt in Sylvain Tessons Reiseabenteuerbuch "Weiß" mehr als Gespür für Schnee. Auf drei Jahre verteilt, von 2018 bis 2021, durchwanderte er meist auf Skiern mit dem Bergführer und Extremkletterer Daniel du Lac die Alpen zwischen Menton und Triest. Was Tesson beim Schwitzen zwischen den Tälern und Hängen in kurze, schillernde Kapiteln packt, sind Assoziationen zur Malerei, Literatur oder einfach den eigenen Trips an einsame Orte. Da funkelt auf kargen, alpinen Wegen viel Lust aufs Denken – schon, um die Sache auch mental durchzustehen. Humor hat Tesson obendrein. Wie hilfreich, auch im eisigen Weiß. (Rowohlt, 23 Euro) Christian Mückl
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Der Titel trifft es, und doch steckt in Sylvain Tessons Reiseabenteuerbuch "Weiß" mehr als Gespür für Schnee. Auf drei Jahre verteilt, von 2018 bis 2021, durchwanderte er meist auf Skiern mit dem Bergführer und Extremkletterer Daniel du Lac die Alpen zwischen Menton und Triest. Was Tesson beim Schwitzen zwischen den Tälern und Hängen in kurze, schillernde Kapiteln packt, sind Assoziationen zur Malerei, Literatur oder einfach den eigenen Trips an einsame Orte. Da funkelt auf kargen, alpinen Wegen viel Lust aufs Denken – schon, um die Sache auch mental durchzustehen. Humor hat Tesson obendrein. Wie hilfreich, auch im eisigen Weiß. (Rowohlt, 23 Euro) Christian Mückl © Rowohlt; Christophe Schindler/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Man kann auch klein anfangen: Statt der dicken neuen Bände von Jon Fosse, der letztes Jahr den Nobelpreis für Literatur bekam, sollte man erstmal die Novelle "Das ist Alise" von 2003 lesen. Da steckt schon der ganze poetische Norweger drin, sein Spiel mit den Zeiten und Ebenen, die zunehmend verschwimmen, wenn die alte Signe in ihrem Haus am Fjord sitzt und sich an alles erinnert. An sich selbst als junge Frau, an den Ehemann, der im Meer verschwand wie viele Männer, an die Ahnen und ihre ganz ähnlichen Schicksale. Das Leben - eine Endlosschleife, Ebbe und Flut. (Mare, 20 Euro) Wolf Ebersberger 
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Man kann auch klein anfangen: Statt der dicken neuen Bände von Jon Fosse, der letztes Jahr den Nobelpreis für Literatur bekam, sollte man erstmal die Novelle "Das ist Alise" von 2003 lesen. Da steckt schon der ganze poetische Norweger drin, sein Spiel mit den Zeiten und Ebenen, die zunehmend verschwimmen, wenn die alte Signe in ihrem Haus am Fjord sitzt und sich an alles erinnert. An sich selbst als junge Frau, an den Ehemann, der im Meer verschwand wie viele Männer, an die Ahnen und ihre ganz ähnlichen Schicksale. Das Leben - eine Endlosschleife, Ebbe und Flut. (Mare, 20 Euro) Wolf Ebersberger  © Mare; Henning/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Es sind keine Tagebucheintragungen, eher Aufzeichnungen aus den letzten fünf Jahren, an denen Hanns-Josef Ortheil uns hier teilhaben lässt. Ob ein Waldspaziergang, ein skurriler Traum oder ein Zoobesuch, der Ukrainekrieg und Putin, die Fragwürdigkeit der Beichte oder Beobachtungen während der Coronazeit: Die kurzen Texte "Von nahen Dingen und Menschen" schildern einerseits alltägliche Erlebnisse und Begegnungen, die jedem Leser passieren könnten. Aber der Autor entführt auch in entlegenere Welten wie Edelrestaurants oder lässt uns an Freundschaften teilnehmen: Unter der amüsanten Oberfläche verbergen sich viele nachdenkenswerte Aspekte: Es empfiehlt sich deshalb eine dosierte Lektüre! (Dumont, 24 Euro) Anja Weigmann
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Es sind keine Tagebucheintragungen, eher Aufzeichnungen aus den letzten fünf Jahren, an denen Hanns-Josef Ortheil uns hier teilhaben lässt. Ob ein Waldspaziergang, ein skurriler Traum oder ein Zoobesuch, der Ukrainekrieg und Putin, die Fragwürdigkeit der Beichte oder Beobachtungen während der Coronazeit: Die kurzen Texte "Von nahen Dingen und Menschen" schildern einerseits alltägliche Erlebnisse und Begegnungen, die jedem Leser passieren könnten. Aber der Autor entführt auch in entlegenere Welten wie Edelrestaurants oder lässt uns an Freundschaften teilnehmen: Unter der amüsanten Oberfläche verbergen sich viele nachdenkenswerte Aspekte: Es empfiehlt sich deshalb eine dosierte Lektüre! (Dumont, 24 Euro) Anja Weigmann © Dumont; Nenad Maric/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Auch hinter einem langen Titel kann sich ein kurzweiliges Buch verstecken. Julia Jost, 1982 in Kärnten geboren, beweist das mit ihrem Erstling "Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletscht". Hier haben wir wieder mal einen typischen Österreich-Roman, der tief ins archaische Dorfleben hineinführt, aus dem es (fast) keinen Ausweg mehr gibt. Das Terrain zwischen der mächtigen Bergwelt ist leicht abgesteckt, es reicht von Stammtisch bis Beichtstuhl, wobei Sinn und Zweck der beiden Institutionen von dem verstockten Volk schon mal verwechselt werden kann. Nicht nur Elfriede Jelinek hat sich mit Julia Jost amüsiert, deren "heitere Boshaftigkeit" die Nobelpreisträgerin ansteckend findet. (Suhrkamp, 24 Euro) Bernd Noack              
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Auch hinter einem langen Titel kann sich ein kurzweiliges Buch verstecken. Julia Jost, 1982 in Kärnten geboren, beweist das mit ihrem Erstling "Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletscht". Hier haben wir wieder mal einen typischen Österreich-Roman, der tief ins archaische Dorfleben hineinführt, aus dem es (fast) keinen Ausweg mehr gibt. Das Terrain zwischen der mächtigen Bergwelt ist leicht abgesteckt, es reicht von Stammtisch bis Beichtstuhl, wobei Sinn und Zweck der beiden Institutionen von dem verstockten Volk schon mal verwechselt werden kann. Nicht nur Elfriede Jelinek hat sich mit Julia Jost amüsiert, deren "heitere Boshaftigkeit" die Nobelpreisträgerin ansteckend findet. (Suhrkamp, 24 Euro) Bernd Noack               © Suhrkamp; congerdesign/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Ein Tapir in Flammen leuchtet dem Leser auf dem Umschlag des neuen Buchs von Christoph Ransmayr entgegen. Wie es dazu kam, erzählt der Autor im Vorwort von "Als ich noch unsterblich war". 13 andernorts bereits erschienene Texte hat der bedeutende Romancier hier zusammengestellt, mit denen er die Bandbreite darstellen möchte, in der Geschichten erzählt werden können. Das ist ihm zweifellos gelungen. Am 20. März wird der vielfach preisgekrönte Autor, der in Wien lebt und die entlegensten Gebiete der Welt bereist hat, 70 Jahre alt. Wir sagen herzlichen Glückwunsch!  (S. Fischer, 24 Euro). Marco Puschner
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Ein Tapir in Flammen leuchtet dem Leser auf dem Umschlag des neuen Buchs von Christoph Ransmayr entgegen. Wie es dazu kam, erzählt der Autor im Vorwort von "Als ich noch unsterblich war". 13 andernorts bereits erschienene Texte hat der bedeutende Romancier hier zusammengestellt, mit denen er die Bandbreite darstellen möchte, in der Geschichten erzählt werden können. Das ist ihm zweifellos gelungen. Am 20. März wird der vielfach preisgekrönte Autor, der in Wien lebt und die entlegensten Gebiete der Welt bereist hat, 70 Jahre alt. Wir sagen herzlichen Glückwunsch!  (S. Fischer, 24 Euro). Marco Puschner © S. Fischer; Engin Akyurt/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Jürgen Flimm nimmt kein Blatt vor den Mund. "Hier roch es immer noch nach Nazi", schreibt er über seine Zeit in Bayreuth, wo er im Jahr 2000 Wagners "Ring des Nibelungen" inszenieren durfte... Da stieß dann selbst der erfolgreiche Theater- und Opernmacher (1941-2023) an seine Grenzen. Man kann es nun in seinen Memoiren "Mit Herz und Mund und Tat und Leben" nachlesen, die er selbst nicht mehr ganz abschließen konnte, die offenbar auch kein Lektor las und die dennoch mit ansteckender Leidenschaft von den Etappen seiner Karriere, von pragmatischen Weltstars wie der Bartoli und treuen Weggefährten wie Nikolaus Harnoncourt erzählen. (Kiepenheuer & Witsch, 26 Euro) Wolf Ebersberger
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Jürgen Flimm nimmt kein Blatt vor den Mund. "Hier roch es immer noch nach Nazi", schreibt er über seine Zeit in Bayreuth, wo er im Jahr 2000 Wagners "Ring des Nibelungen" inszenieren durfte... Da stieß dann selbst der erfolgreiche Theater- und Opernmacher (1941-2023) an seine Grenzen. Man kann es nun in seinen Memoiren "Mit Herz und Mund und Tat und Leben" nachlesen, die er selbst nicht mehr ganz abschließen konnte, die offenbar auch kein Lektor las und die dennoch mit ansteckender Leidenschaft von den Etappen seiner Karriere, von pragmatischen Weltstars wie der Bartoli und treuen Weggefährten wie Nikolaus Harnoncourt erzählen. (Kiepenheuer & Witsch, 26 Euro) Wolf Ebersberger © Kiepenheuer & Witsch; Ricardo Mallerba/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Ein Schreckensszenario entwirft der neue Shooting Star der US-amerikanischen Literaturszene Nana Kwame Adjei-Brenyah in "Chain Gang All-Stars". Häftlinge können freikommen, wenn sie drei Jahre lang in Todeskämpfen gegen Ihresgleichen antreten und überleben. Erst der Blick auf die Details enthüllt: Vieles von dem, was der Autor scheinbar erdichtet, steckt in der Realität bereits drin. Eine flammende Anklage gegen die US-amerikanische Gesellschaft paart sich also mit einer Dystopie à la "Running Man" oder "Tribute von Panem". Die Beispiele zeigen: Diese actionreiche, emotionale Story wird sicher früher oder später Stoff fürs Kino. Hier lesen Sie unsere ausführliche Kritik. (Hoffmann und Campe, 25 Euro; deutsch von Rainer Schmidt) Thomas Correll
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Ein Schreckensszenario entwirft der neue Shooting Star der US-amerikanischen Literaturszene Nana Kwame Adjei-Brenyah in "Chain Gang All-Stars". Häftlinge können freikommen, wenn sie drei Jahre lang in Todeskämpfen gegen Ihresgleichen antreten und überleben. Erst der Blick auf die Details enthüllt: Vieles von dem, was der Autor scheinbar erdichtet, steckt in der Realität bereits drin. Eine flammende Anklage gegen die US-amerikanische Gesellschaft paart sich also mit einer Dystopie à la "Running Man" oder "Tribute von Panem". Die Beispiele zeigen: Diese actionreiche, emotionale Story wird sicher früher oder später Stoff fürs Kino. Hier lesen Sie unsere ausführliche Kritik. (Hoffmann und Campe, 25 Euro; deutsch von Rainer Schmidt) Thomas Correll © Hoffmann und Campe; ErikaWittlieb/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Ist nicht auch ein gefälschtes Gemälde Kunst? Und das Leben der  Fälscher nicht mindestens so spannend wie das der erfolgreich nachgemachten Künstler? Nur zwei Fragen, die sich bei der ziemlich heiteren Lektüre von Maria Gainza stellen. Die argentinische Autorin ("Lidschlag") erzählt in ihrem raffinierten kleinen Roman "Schwarzlicht" von der Faszination der Malerei ebenso wie den Fallstricken der Provenienz, dies alles im bunten Boheme-Milieu eines längst verschwundenen Buenos Aires. Wie ihre anfangs naive Heldin ist Gainza selbst Kunstkritikerin... Vorsicht ist also geboten! (Wagenbach, 22 Euro) Wolf Ebersberger
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Ist nicht auch ein gefälschtes Gemälde Kunst? Und das Leben der  Fälscher nicht mindestens so spannend wie das der erfolgreich nachgemachten Künstler? Nur zwei Fragen, die sich bei der ziemlich heiteren Lektüre von Maria Gainza stellen. Die argentinische Autorin ("Lidschlag") erzählt in ihrem raffinierten kleinen Roman "Schwarzlicht" von der Faszination der Malerei ebenso wie den Fallstricken der Provenienz, dies alles im bunten Boheme-Milieu eines längst verschwundenen Buenos Aires. Wie ihre anfangs naive Heldin ist Gainza selbst Kunstkritikerin... Vorsicht ist also geboten! (Wagenbach, 22 Euro) Wolf Ebersberger © Wagenbach; 5598375/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Die österreichische Schriftstellerin und Fotografin Valerie Fritsch hat schon mit ihrem ersten Roman "Winters Garten" aufhorchen lassen, einer gekonnt sprachverliebten Geschichte, in der der Weltuntergang fast zärtlich zelebriert wurde. Ihr nun drittes Buch heißt ganz einfach "Zitronen" und wieder ist es Fritschs Gefühl für den Klang der Wörter und Sätze, das gefangen nimmt. Es geht um die fast mörderische Liebe einer Mutter zu ihrem Sohn, aus der der Erwachsene endlich fliehen möchte. Die Zuneigung ist ungeheuerlich im schlimmsten Sinn, die Abhängigkeit verbietet jegliche Freiheit, ein Entkommen ist nicht vorgesehen. "Die Angst machte ihn grausam", heißt es einmal; davon zu lesen schmerzt und entwickelt trotzdem einen irritierenden Sog. (Suhrkamp, 24 Euro) Bernd Noack    
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Die österreichische Schriftstellerin und Fotografin Valerie Fritsch hat schon mit ihrem ersten Roman "Winters Garten" aufhorchen lassen, einer gekonnt sprachverliebten Geschichte, in der der Weltuntergang fast zärtlich zelebriert wurde. Ihr nun drittes Buch heißt ganz einfach "Zitronen" und wieder ist es Fritschs Gefühl für den Klang der Wörter und Sätze, das gefangen nimmt. Es geht um die fast mörderische Liebe einer Mutter zu ihrem Sohn, aus der der Erwachsene endlich fliehen möchte. Die Zuneigung ist ungeheuerlich im schlimmsten Sinn, die Abhängigkeit verbietet jegliche Freiheit, ein Entkommen ist nicht vorgesehen. "Die Angst machte ihn grausam", heißt es einmal; davon zu lesen schmerzt und entwickelt trotzdem einen irritierenden Sog. (Suhrkamp, 24 Euro) Bernd Noack     © Suhrkamp; Steve Buissinne/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

Es gibt viele Bücher über Wien, aber kaum eines ist so schön und zeitlos und wundersam wie André Hellers Debütwerk "Schattentaucher", ein Roman in 61 kleinen Geschichten und Beschreibungen zwischen Tagträumen und Nachtmahren, jetzt endlich wieder aufgelegt. Er stammt von 1987, aber an dieser Stadt, diesem "Aphrodisiakum für Nekrophile", hat sich ja schließlich seit hunderten von Jahren und ewiger Kaisersehnsucht nichts geändert. Heller zeigt uns ein Reich, "in dem die Wonne nicht untergeht", erzählt von Sonderlingen, Spätverlorenen und Frühvollendeten, von der Gegenwart, die ohne Vergangenheit nur eine hohle Phrase wäre. Dem Klavierstimmer Ferdinand zu folgen, heißt: sich verirren im Schattenreich der über glänzendes Pflaster tanzenden Notenköpfe. (Zsolnay, 24 Euro) Bernd Noack
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Es gibt viele Bücher über Wien, aber kaum eines ist so schön und zeitlos und wundersam wie André Hellers Debütwerk "Schattentaucher", ein Roman in 61 kleinen Geschichten und Beschreibungen zwischen Tagträumen und Nachtmahren, jetzt endlich wieder aufgelegt. Er stammt von 1987, aber an dieser Stadt, diesem "Aphrodisiakum für Nekrophile", hat sich ja schließlich seit hunderten von Jahren und ewiger Kaisersehnsucht nichts geändert. Heller zeigt uns ein Reich, "in dem die Wonne nicht untergeht", erzählt von Sonderlingen, Spätverlorenen und Frühvollendeten, von der Gegenwart, die ohne Vergangenheit nur eine hohle Phrase wäre. Dem Klavierstimmer Ferdinand zu folgen, heißt: sich verirren im Schattenreich der über glänzendes Pflaster tanzenden Notenköpfe. (Zsolnay, 24 Euro) Bernd Noack © Zsolnay; Pexels/pixabay/LizenzCC0; Montage: Sabine Schmid

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